Alexander Aljechin

106626386_00Weltmeister traten oft paarweise auf. Denken wir an den großen kuba­nischen Meister Jose Capablanca fällt uns immer auch Alexander Alje­chin ein. Capablanca wurde 1921 dritter Weltmeister, indem er im Wettkampf in Havanna den alternden Emanuel Lasker überzeugend schlug. »Capa« schien unbesiegbar; einmal verlor er in einem Zehnjah­reszeitraum nur ein einziges Spiel.

Und dennoch mußte er seinen Weltmeistertitel 1927 nach nur sechs Jahren im argentinischen Buenos Aires an Aljechin abgeben. Dem Rus­sen gelang der Sieg über den Unbesiegbaren mit unkonventioneller Genialität und eiserner Entschlossenheit. Ein Jahrzehnt lang versuchte Capablanca danach vergebens, eine Revanche gegen Aljechin zu errei­chen, der aber keine Eile hatte, dem Kubaner noch einmal entgegenzu­treten. Zweimal wehrte er den weniger bedeutenden Herausforderer Efim Bogoljubow (ein russischer Emigrant wie Aljechin) ab, bevor er durch einen »Unfall« den Titel zwischendurch für zwei Jahre an den Holländer Max Euwe verlor. Im Jahr 1946, er war schon lange nicht mehr der Welt bester Spieler, nahm er als einziger Weltmeister den Titel mit ins Grab.

Beide Spieler symbolisieren bis heute die von ihnen verkörperten Schachstile. Ein glatter positioneller Spieler wird stets »ein Capa­blanca« genannt, wohingegen ein Angriffsspieler gern zum »neuen Aljechin« aufsteigt.

Capablanca gilt zu recht als größtes Naturtalent, das die Schachwelt je gesehen hat. Er erfaßte eine Position blitzschnell und nahezu unfehl­bar. Seine klare und methodische Spielweise stieß bei seinen Gegnern und nachfolgenden Generationen auf rückhaltlose Bewunderung. Gewiß hätte sein Können ihn schon viel früher befähigt um den Titel zu spielen, doch der Erste Weltkrieg und finanzielle Umstände zögerten seinen unvermeidlichen Titelgewinn hinaus.

Abseits des Schachbretts war Capablanca für seinen Charme und sein gutes Aussehen bekannt. Von seinem Heimatland wurde er zum Attache ernannt, ein Ehrenamt, das ihm erlaubte, frei zu reisen und das Leben aus vollen Zügen zu genießen.

Da Aljechin in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von Capa­blanca war. werden die beiden historisch gern miteinander verglichen. Aljechins Partien waren, seiner beispiellos komplexen Denkweise ent­sprechend, oft ungestüm und auf geradezu groteske Weise kompliziert. Eines der ersten Schachbücher, das ich bekam, enthielt Aljechins größte Partien. Ich spielte sie wieder und wieder nach und war jedes­mal fasziniert, wieder etwas Neues zu entdecken. Mit seinem draufgän­gerischen Stil überwältigte er seine verängstigten Gegner. Das war die Art Schach, die ich spielen wollte!

Aljechin hatte fast ausschließlich Schach im Kopf – sogar seine Katze hieß so. Wenn er nicht spielte, schrieb er über Schach, und den Rest seiner Zeit las er über Schach. Er galt nicht eben als char­mant – das kümmerte ihn nicht weiter. Mit seinem übermäßigen Alko­holgenuß ruinierte sich Aljechin seine Gesundheit und seine Karriere. Häufig hört man, sein schockierender (und kurzfristiger) Titelverlust an Euwe im Jahr 1935 habe ebensoviel mit der Trinkerei zu tun ge­habt wie mit dem starken Spiel und der guten Vorbereitung des Hol­länders. Zwei Jahre später nahm Aljechin seinen Gegner ernst und gewann, unter der strengen Verordnung von Kuhmilch, den Titel zu­rück.

Zitat über Capablanca: »Ich kannte viele Schachspieler, doch nur ein wirkliches Genie, und das war Capablanca.« – Emanuel Lasker

Capablanca selbst sagte: »Ich spiele stets vorsichtig und versuche unnötige Risiken zu meiden. Meine Methode erachte ich als die rich­tige, weil jede überflüssige »Kühnheit« dem Wesen des Schach zuwiderläuft, denn es ist kein Glücksspiel, sondern ein rein intellektueller Zwei­kampf, der nach den exakten Regeln der Logik geführt wird.«

Zitat über Aljechin: »Die Schachwelt schätzt in Aljechin vor allem den Künstler. Typisch für ihn sind seine genaue Planung, seine weit­sichtige Berechnung und seine unerschöpfliche Phantasie.« – Michail Botwinnik

Aljechin selbst sagte: »Für mich ist Schach kein Spiel, sondern eine Kunst. Ja, und ich übernehme jede Verantwortung, die eine Kunst auf die Ausübenden überträgt.«